Macht Theaterspielen eigentlich Spaß?

  • Macht es Spaß, Stunden über Stunden den Text zu lernen und bei der nächsten Probe zu merken, dass er immer noch nicht richtig sitzt?
  • Macht es Spaß, wochenlang immer wieder dasselbe zu proben?
  • Macht es Spaß, an Wochenenden ganze Tage (z.T. bei bestem Wetter...) Intensivproben zu absolvieren?
  • Macht es Spaß, sich an die Anweisungen des Regisseurs halten zu müssen, auch wenn sie nicht immer die eigenen Vorstellungen treffen?
  • Macht es Spaß, sich beim Kulissenbau als wenig begabter Heimwerker zu erleben?
  • Macht es Spaß, vor jeder Probe die Kulisse auf- und nachher wieder abzubauen?
  • Macht es Spaß, sich während der Aufführung hinter der Bühne mucksmäuschenstill zu verhalten, während man auf den eigenen Auftritt wartet?
  • Macht es Spaß, plötzlich während der Aufführung einen Blackout zu haben und seinen Text nicht mehr zu wissen?
  • Macht es Spaß, während der Aufführung im ersten Akt zu erleben, wie ein Mitspieler an völlig falscher Stelle mit seinem Text aus dem zweiten Akt auf die Bühne kommt?
  • Macht es Spaß, während der Aufführung auf der Bühne stehend zu merken, dass man ein bedeutsames Requisitenstück nicht mitgenommen hat?
  • Macht es Spaß, einem Mitspieler während der Aufführung vergeblich aus einem Texthänger helfen zu wollen?
  • Also: Macht es Spaß, als Amateur oder Laie Theater zu spielen?

Zugegeben, manches davon macht mir nicht wirklich Spaß. Aber insgesamt ist Theaterspielen mit all seinen Begleiterscheinungen und den ergänzenden Aufgaben so faszinierend, dass die wenigen Dinge, die nun wirklich keinen Spaß machen, für mich gar nicht mehr ins Gewicht fallen. Schon die ersten Proben für ein neues Stück transportieren auch den Amateur- Schauspieler und vielleicht gerade ihn in eine andere Welt, die nur noch wenig oder gar nichts mehr von seiner Alltagswelt aufweist. Das Hineinschlüpfen in eine andere Figur, das Sich-Bewegen in Szenen, die nichts mit der eigenen Wirklichkeit zu tun haben, machen für mich den Reiz des Theaterspielens aus. Richtig spannend wird es, wenn der von mir zu verkörpernde Charakter ganz anders ist, als ich mich als reale Person wahrnehme.

Und nicht zu vergessen das Zusammenspiel mit den anderen, die ja auch „nicht sie selber“ sind, sondern Facetten des Verhaltens an den Tag legen, die manchmal schon sehr überraschend sind. Gerade nach einem anstrengenden und besonders nach einem nervigen Arbeitstag ist der Probenabend die reine Psychohygiene. Für zwei bis drei Stunden ist der Bürokram vergessen und wird von dem Versuch, einer anderen Figur Leben einzuhauchen, ausgeblendet. Das schafft Abstand und Klärung. Und Proben machen dann am meisten Spaß, wenn sie gut klappen. Oder durch Versprecher und andere Patzer blitzartig so komisch werden, dass alle Bauchschmerzen vor Lachen bekommen. Lachen hat einen hohen Stellenwert und uns allen geht es so, dass wir Theater spielen, weil es uns Spaß macht. Schon lange und immer wieder.


Theaterschule Flensburg

Adelbyerkirchenweg 1

24943 Flensburg

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